Vertrauen statt Kontrolle – ohne Zähneknirschen

Wird in einem Kontext, in dem Kontrolle allgegenwärtig ist, Mediation akzeptiert?
Das Spannungsfeld Kontrolle vs. Vertrauen begegnet mir als Mediatorin im Arbeitskontext regelmäßig, besonders in hierarchisch geprägten Strukturen. Am Beispiel einer Mediation in einer Justizvollzugsanstalt wurde dieses Spannungsfeld wieder einmal deutlich. Für die Beschäftigten einer JVA ist Kontrolle die Methode, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Mediation dagegen heißt, einen Vertrauensraum für Austausch, Offenheit und Perspektivwechsel zu betreten.

Dem Auftraggeber (Leitung / Vorgesetzter), der noch keine Erfahrung mit Mediation hatte. war daran gelegen, dass ich das Arbeitsumfeld der konfliktbeteiligten Justizvollzugsbeamten kennenlernte. Mir wurde bewusst: Die hierarchische Struktur der JVA und das hohe Maß an Sicherheitsvorschriften schränkt den Handlungsspielraum der Beschäftigten ein. Es sind potenziell risikoreiche und emotional belastete Arbeitsplätze. Jeder Beamte hat vielfältige Rollenanforderungen zu bewältigen. Eine einheitliche Konfliktkultur ist nicht etabliert.

Der Auftraggeber hatte hohe Erwartungen an das Verfahren als „letzte Lösung“. Er akzeptierte ohne viel Zähneknirschen die Voraussetzung, keine Details aus dem Verfahren von mir zu erfahren und damit Kontrolle über den Mediationsprozess abzugeben.

Die Konfliktbeteiligten waren zunächst zurückhaltend. Es war weniger die Skepsis, ob es überhaupt etwas bringen würde, miteinander zu reden. Sondern Zweifel an der Diskretion, da alle die Erfahrung gemacht hatten, dass Neuigkeiten sich im Haus rasch verbreiten und daraus neue Konflikte entstehen.

Warum sie sich doch auf das Verfahren eingelassen haben:

💪Mediation gibt Orientierung durch die transparente Struktur.
💪Der Ablauf, der mögliche Nutzen und Grenzen sind klar.
💪Gemeinsam vereinbarte Regeln für den Umgang im Prozess geben Sicherheit.
💪Die Aussicht, den Kollegen endlich (!!!) die eigene Sichtweise schildern und ausreden zu können, ist für viele Medianden Highlight und Entlastung zugleich.
💪Verbindlich vereinbarte Vertraulichkeit erleichtert Offenheit.
💪Jeder kann jederzeit aus dem Verfahren aussteigen.

Ausschlaggebend war meine Zusicherung, dass ich allparteilich bin. Mich den Medianden verpflichtet fühle und alles, was passiert, vertraulich behandele. Dass ich nichts an Dritte weitergebe, was ich nicht wortwörtlich mit den Beteiligten abgestimmt habe. Dass dies mit dem Vorgesetzten vereinbart ist.

Seien wir ehrlich: Vertraulichkeit kannst du nicht erzwingen. Sie lebt vom Vertrauen in die Menschen, mit denen du zu tun hast. Die Medianden haben sich mit einem gehörigen Vertrauensvorschuss aufeinander, auf die Mediation und auf mich eingelassen.

Ohne das Vorbild ihres Vorgesetzten wäre das nicht möglich gewesen. Kontrolle dann abzugeben, wenn es für eine Konfliktlösung Sinn macht, darin liegt die Herausforderung für Führungskräfte.

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