Sind Mitarbeitende im Konflikt immer ein Zeichen für Führungsprobleme?
„Mitarbeitende im Konflikt sind Symptomträger für Führungsprobleme.“ Diese Aussage einer Personalleiterin im Rahmen einer Auftragsklärung für eine Mediation hat mich zum Nachdenken gebracht. Ist das wirklich so – oder tut sie den Führungskräften Unrecht?
Ein Praxisfall: Wenn aus Zusammenarbeit ein Konflikt wird
In einem Unternehmen gerieten zwei Mitarbeitende in einen immer stärker eskalierenden Konflikt. Früher verstanden sie sich gut, doch dann änderten sich ihre Aufgabenbereiche durch neue Anforderungen. Plötzlich kam es zu Abstimmungsproblemen: „Das hättest du machen müssen!“ – „Nein, das war deine Aufgabe!“ Die Situation verschärfte sich, das Team spaltete sich in zwei Lager, und die Arbeitsergebnisse litten. Der Vorgesetzte sprach mit beiden Mitarbeitenden einzeln und forderte sie auf, sich zu einigen – hakte jedoch nicht nach. Schließlich wurde der Konflikt persönlich, und beide meldeten sich zunehmend krank.
Konflikte haben viele Ursachen – aber Führung spielt eine Rolle
Konflikte entstehen aus unterschiedlichsten Gründen. Die Suche nach der einen Ursache führt meist zu wenig. Doch klar ist auch: Konflikte existieren nie isoliert, sondern entwickeln sich innerhalb eines Systems. In diesem Fall hat das Führungsverhalten zur Eskalation beigetragen.
Typische Anzeichen für ein Führungsproblem in Konfliktsituationen:
- Neuerungen ohne Einbeziehung der Betroffenen: Wenn Mitarbeitende nicht in Veränderungen eingebunden werden, entsteht Unsicherheit und Widerstand.
- Unklare Strukturen und intransparente Prozesse: Wer nicht weiß, was von ihm erwartet wird, fühlt sich orientierungslos – und Konflikte entstehen oft aus diesem Vakuum heraus.
- Mangelnde Konfliktfähigkeit der Führungskraft: Wenn destruktive Entwicklungen ignoriert werden, haben Konflikte Raum, sich zu verschärfen.
Was kann Führung aktiv tun?
Gute Führung kann nicht jeden Konflikt verhindern – aber sie kann Rahmenbedingungen schaffen, die Konflikte entschärfen, bevor sie eskalieren:
- Mitarbeitende bei Neuerungen einbeziehen: Veränderungen gemeinsam gestalten und für Transparenz sorgen. Wer mitwirkt, akzeptiert Veränderungen leichter.
- Unklarheiten sofort klären: Je eindeutiger Aufgaben und Zuständigkeiten definiert sind, desto weniger Raum bleibt für Missverständnisse und Schuldzuweisungen.
- Strukturen und Prozesse gemeinsam erarbeiten: Tätigkeitsbeschreibungen und Arbeitsabläufe am besten mit den Betroffenen entwickeln. Das Motto: Betroffene zu Beteiligten machen.
- Konfliktmanagement als Führungsaufgabe annehmen: Einzelgespräche führen, nachhaken, konstruktive Klärung einfordern. Und wenn nötig, frühzeitig externe Unterstützung hinzuziehen.
Fazit: Führung ist nicht immer die Ursache – aber oft Teil der Lösung
Mitarbeitende in Konflikten sind nicht automatisch Symptomträger für Führungsprobleme. Aber Führungskräfte beeinflussen, ob Konflikte eskalieren oder konstruktiv bearbeitet werden. Führung heißt nicht, Konflikte zu vermeiden – sondern sie aktiv zu gestalten. Wer sich dieser Verantwortung stellt, stärkt nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch den langfristigen Erfolg des Teams.